Neue Schätzungen zeigen, dass die ukrainische Artillerie jeden Tag Unmengen an Munition verbraucht. Die EU kommt mit der Produktion nicht hinterher. Das soll sich ändern.
Kiew – Die Ukraine und Russland feuern aktuellen Einschätzungen nach jeden Tag zehntausende Munitionen ab. Der hohe Verbrauch an Munition erfordert nun eine höhere Produktion im Ausland, denn viele Unterstützer kommen dem Bedarf der ukrainischen Armee nicht mehr hinterher. Das Land befindet sich aktuell in der Gegenoffensive und somit eines der wichtigsten Phasen im Kampf gegen Russland.
Laut dem leitenden Redakteur des Special Operations Forces Report (SOFREP) wurde Anfang dieses Jahres geschätzt, dass die Ukraine in fünf Tagen so viele 155-Millimeter-Artilleriegeschosse abfeuert, wie die USA in einem Monat produzieren. Das sei aber noch eine niedrige Schätzung, teilte der Experte der US-Zeitung Newsweek weiter mit.
Materialschlacht Ukraine-Krieg: Kiews Artillerie vernichtet Munition im Minutentakt
Die Artellerie verursache auf beiden Seiten rund 80 Prozent der Todesfälle und sei damit die gefährlichste Waffe im Ukraine-Krieg. Russland feuere dabei mindestens viermal so viele Artilleriegranaten ab wie die Ukraine, sagte der Experte weiter. „Das ist signifikant. 20.000 Schuss pro Tag für Russland sind eine niedrige Schätzung, ebenso wie 5.000 Schuss pro Tag für die Ukraine.“
Wie viel 5.000 Schuss pro Tag wirklich sind, wird deutlich, wenn man zum Beispiel die bisherigen Waffenlieferungen von Deutschland an die Ukraine betrachtet. In einer aktuellen Liste der Bundesregierung werden alle bisherig gelieferten militärische Unterstützungsleistungen speziell für die Artillerie aufgelistet (Stand 12. Juli):
Gelieferte militärische Unterstützungsleistungen für die Artillerie der Ukraine:
- 27.230 Schuss 155 mm Artilleriemunition
- 1.184 Schuss 155 mm Nebelmunition
- 155 mm Präzisionsmunition
- 5 Mehrfachraketenwerfer MARS II mit Munition (deutscher Anteil am gemeinsamem Projekt den USA und Großbritannien)
- Munition für Mehrfachraketenwerfer MARS II
- 14 Panzerhaubitzen 2000 (deutscher Anteil am gemeinsamen Projekt mit den Niederlanden)
- 20 Raketenwerfer 70 mm auf Pick-up Trucks mit Raketen
- Artillerieortungsradar COBRA
Ukraine feuert täglich tausende Munitionen ab – EU kommt mit Produktion nicht hinterher
Allein 27.230 Schuss 155 mm Artilleriemunition hat Deutschland bislang an die Ukraine geliefert. Das sind 3.230 Schuss mehr als im Report der Vorwoche. Doch die Lieferungen von Deutschland und der EU reichen nicht aus, besonders nicht seit der Juni laufenden Gegenoffensiver der Ukraine. Kiew bittet die EU seit Wochen, mehr Artilleriemunition vom Kaliber 155 mm zu liefern. In der EU herrscht unterdessen ein „Mangel an Verteidigungsprodukten, insbesondere Boden-Boden-Munition und Artilleriemunition, Flugkörpern und deren Komponenten“, heißt es in einem Bericht des Europäischen Parlaments.
Um den Mangel an Munition zu bekämpfen und die Ukraine in ihrer Gegenoffensive besser unterstützen zu können, hat das Parlament ein Gesetz zur Förderung der Munitionsproduktion (ASAP) gebilligt. Zu den beschlossenen Maßnahmen gehört unter anderem eine Finanzierung von 500 Millionen Euro, mit deren Hilfe die Produktionskapazitäten der EU erhöht werden sollen und den Mangel zu beheben, um die Ukraine zu unterstützen. Es muss nun auch vom Rat gebilligt werden, um in Kraft treten zu können.
Munitionslieferungen für Ukraine-Krieg: Auch USA muss Produktion deutlich hochfahren
Und wie sieht es in den USA aus? Die USA schickt als einziges Land noch mehr Waffen und Gelder an die Ukraine als Deutschland, seit kurzem auch die sehr umstrittene Streumunition. Doch auch in den USA ist man sich den eigenen Grenzen der Kapazitäten bewusst.
Wie ein Sprecher des Verteidigungsministers Lloyd Austin gegenüber der Newsweek sagte, seien die Munitionsvorräte der USA „nicht unbegrenzt“. Mit der seit Juni laufenden Gegenoffensive habe die Ukraine gleichzeitig die Anzahl an militärischen Operationen stark erhöht. Aktuell sei Austin zumindest in den USA aber noch zufrieden mit der Bereitschaft von 155-Millimeter-Munition. „Wir haben dringend daran gearbeitet, die Produktion von 155-Millimeter-Munition hochzufahren und sind auf dem besten Weg, die Produktion bis Ende nächsten Jahres etwa zu vervierfachen“, so der Sprecher weiter.
Quelle : Merkur