Nach monatelangem Ringen ist es nun beschlossen. Am 1. Januar 2024 soll das neue Heizungsgesetz in Kraft treten. Für Wohnungsgenossenschaften im Osten ein Dilemma.
“Die Menschen, die solche Entscheidungen treffen, das sind keine Praktiker, das sind Theoretiker!”, schimpft Heinz Fechner. Mit 23 Jahren zog er in die Friedensstraße in Pegau bei Leipzig. Heute ist er 86 und wohnt immer noch hier – in einem mehrgeschossigen Wohnblock der Wohnungsgenossenschaft Böhlen e.V.
Erst vor zwei Jahren sei eine nagelneue Gastherme eingebaut worden. “Die wieder rauszureißen, das ist doch Wahnsinn.” Es ist das, was bei Heinz Fechner hängengeblieben ist – auch wenn er weiß, dass vieles nachgebessert wurde.
Ampel-Streit um Heizungsgesetz hat Vertrauen gekostet
Doch die Anfänge der Debatte haben Vertrauen gekostet. Die Art, wie sie weitergeführt wurde, vermittelte Streit und Uneinigkeit in der Ampel, und was nun verabschiedet ist, sorgt für Unsicherheit. Denn einige regionale und bauliche Besonderheiten sind im neuen Gesetz nicht, oder nicht ausreichend bedacht. Das zumindest beklagt der Verband der Sächsischen Wohnungsgenosschaften e.V.:
“Die Umsetzung wird uns vor kaum tragbare wirtschaftliche Herausforderungen stellen”, so die Vorstandsvorsitzende Mirjam Phillipp. “Was für den Eigenheimbesitzer bereits einen finanziellen Mehraufwand bedeutet, potenziert sich bei uns.”
Umrüstung auf Wärmepumpen riesige Herausforderung
Knapp 300.000 Wohnungen gehören zum Mietbestand sächsischer Wohnungsgenossenschaften. Viele davon, wie auch die, in der Heinz Fechner wohnt, wurden zu DDR-Zeiten gebaut. Neue Heizungssysteme einzubauen, ist aufgrund baulicher Besonderheiten eine Herausforderung: Die Keller sind oft zu klein für Wärmepumpen, Wohnungen können nicht mit Fußbodenheizungen ausgestattet werden. Heizkörper müssen gegen Heizflächen ausgetauscht werden und so weiter.
Ein vorübergehender Auszug ist dabei unumgänglich. Abgesehen von dem organisatorischen Aufwand, lägen die Investitionskosten durch die baulichen Begleitmaßnahmen drei- bis viermal so hoch, wie die vom Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft angegebenen 250 Euro pro Quadratmeter für den Standardfall.
Wohnungswirtschaft verzweifelt an Kosten
Die Kosten an die Mieter weiterreichen, sei gesetzlich nicht möglich – und wäre auch sozial nicht zumutbar, sagt Mirjam Philipp. “Unsere Mieter haben ein schmaleres Einkommen. Sie haben gar nicht die Kapazität, mehr Miete bezahlen zu können.” Die durchschnittliche Kaltmiete liege bei 5,31 Euro pro Quadratmeter.
Aus der Kaltmiete muss die Wohnungswirtschaft die Bestände verwalten, die Instandhaltung der Bestände gewährleisten, den Kapitaldienst tilgen, neue Investitionen anstoßen und davon auch die Investitionen in die Klimaneutralität bis 2045 bezahlen.
Kritik an Politik wegen Heizungsgesetz
Mirjam Philipp vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften: “Das Dilemma haben wir auch aufgezeigt im Gesetzgebungsverfahren.” Immer wieder habe man gemahnt, immer wieder Zahlen vorgelegt, die Fakten auf den Tisch gebracht.
Im Berliner Elfenbeinturm ist das offensichtlich nicht gehört worden.
Mirjam Philipp, Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften
Jetzt sei man in der Realität angekommen. “Jetzt haben wir dieses Gesetz und der Aufprall wird hart. Es gibt soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Verwerfungen”, so Philipp.
Quelle : zdf