Nach 15 Jahren Verhandlungen haben die UN im Sommer ein Meeresschutzabkommen verabschiedet. Da es noch dauern kann, bis es in Kraft ist, geht der Inselstaat Niue jetzt eigene Wege.
Wenn Appelle auf internationalen Konferenzen nach Jahren immer noch nicht zum Ziel führen, ist es an der Zeit für eine unkonventionelle Lösung. Nach dieser Devise hat die Regierung des kleinen Inselstaats Niue im Südpazifik eine Spendenaktion für ein Meeresschutzgebiet vor dessen Küste gestartet.
Für umgerechnet rund 140 Euro pro Quadratkilometer können Unternehmen, wohltätige Organisationen und Privatleute aus aller Welt Patenschaften für Teile des geplanten Schutzgebiets übernehmen.
Umweltverschmutzung bedroht Korallen und Meeresschildkröten
Das durch einen Assozierungsvertrag mit Neuseeland verbundene Niue ist eine der kleinsten selbstregierten Nationen der Welt. Auf der Insel zwischen Fidschi und den Cookinseln leben nur 1.700 Menschen.
Der Artenreichtum in den Gewässern rund um Niue mit ihren Korallenriffen und Unterwassergebirgen ist dafür umso größer. Sie bieten unter anderem Haien, Delfinen und Meeresschildkröten einen Lebensraum.
Diese Ökosysteme sind bedroht durch illegale Fischerei, Umweltverschmutzung und den Klimawandel. Das kleine Niue wirbt daher schon seit Jahren auf internationaler Bühne um Unterstützung für den Schutz seiner wertvollen Meeresgebiete.
Niues Hoheitsgewässer sollen Schutzgebiete werden
Niues Regierungschef sagte vergangene Woche am Rande einer UN-Generaldebatte der Nachrichtenagentur AFP:
Wir haben unsere Geschichte schon so lange auf Konferenzen erzählt, aber es schien, als führte das zu nichts.
Dalton Tagelagi, Regierungschef Niue
Er hat die internationalen Treffen als “Redeveranstaltungen ohne Maßnahmen” erlebt und versucht es daher nun auf andere Weise.
Die 40 Prozent seiner Hoheitsgewässer, die Niue als Schutzgebiete unangetastet lassen will, hat die Regierung in 127.000 gleich große Anteile eingeteilt. Diese Anteile, die Ocean Conservation Commitments (Meeresschutzverpflichtungen), kurz OCCs, genannt werden, kosten jeweils 250 neuseeländische Dollar (140 Euro).
Hoffnung auf 17 Millionen für den Meeresschutz
Mit dem Verkauf der ein Quadratkilometer großen Parzellen will der Inselstaat für das 127.000 Quadratkilometer große Meeresschutzgebiet rund 17 Millionen Euro für die kommenden 20 Jahre auftreiben. Die Anteilseigner erhalten im Gegenzug ein Zertifikat und einen jährlichen Fortschrittsbericht.
Tagelagi findet das unkonventionelle Projekt “sehr aufregend”. Seine Regierung hat selbst 1.700 Patenschaftsanteile übernommen – für jeden Einwohner der Insel einen.
Umgesetzt wird das Vorhaben vom Niue Ocean Wide Project. Dessen Chef Brendon Pasisi nennt unter anderem die Verschmutzung durch Plastikmüll und Abwässer sowie den intensiven Fischfang als Bedrohung für die marinen Ökosysteme im Südpazifik.
Überwachungsdrohnen gegen zunehmende Überfischung
Laut Pasisi fischen die Menschen in Niue zwar überwiegend nur in küstennahen Gebieten für ihren eigenen Bedarf und nutzen dafür oftmals noch traditionelle Kanus. Aber da Fischereiausrüstung und Kühlmöglichkeiten für den Fang immer besser würden, werde auch immer mehr gefischt.
Hinzu kommen ausländische Fischereiflotten, die weitgehend unbehelligt in geschützte Gewässer eindringen können. Allein mit Patrouillenbooten sei dieses “riesige Gebiet” nicht zu überwachen, gibt Regierungschef Tagelagi zu bedenken. Daher sollen mit den internationalen Spenden Überwachungsdrohnen angeschafft werden.
Tagelagis kleines Land hat mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Das 60 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Korallenatoll ist zwar anders als andere kleine Inselstaaten nicht akut von der Überschwemmung durch steigende Meeresspiegel bedroht.
Schutzgebiet im Pazifik – Vorteil für Tourismus?
Dass der Klimawandel zu wärmerem und übersäuertem Meerwasser führt, macht allerdings den Korallen und anderen Meereslebewesen rund um Niue zu schaffen. Außerdem nimmt durch die Erderwärmung die Intensität von Tropenstürmen zu.
Laut Tagelagi könnte das neue Meeresschutzgebiet auch “einen überraschenden wirtschaftlichen Vorteil” für sein Land bringen, nämlich in Form zunehmender Tourismus-Einnahmen. Angelo Villagomez von der US-Organisation Center for American Progress lobt Niues Weg als “sehr innovatives Modell”. Der Umwelt-Experte ist sich sicher:
Wenn wir den Klimawandel bewältigen wollen, wenn wir die Ressourcen der Meere schützen wollen, müssen wir diesen an vorderster Front lebenden Gemeinschaften Geld verschaffen.
Angelo Villagomez, Center for American Progress
Quelle : zdf