Stunden nach seiner Nominierung zum dritten Kandidaten für das Sprecheramt im Repräsentantenhaus gibt Tom Emmer auf. Donald Trump hatte vom Gerichtssaal in New York aus interveniert.
Drei Wochen nach dem Sturz Kevin McCarthys, des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses, drohte der Fraktion kurzeitig die Kernschmelze. Nur wenige Stunden nach seiner Nominierung für die Nachfolge im dritthöchsten Staatsamt der Vereinigten Staaten gab Tom Emmer wieder auf. Er ist der dritte Kandidat der Fraktion, dem es seit dem Sturz McCarthys durch eine Gruppe von Hardlinern vom rechten Fraktionsflügel nicht gelang, die Fraktion hinter sich zu versammeln.
Am Dienstagnachmittag kam die Fraktion nach einer Pause abermals zusammen. Vorher war es Emmer, der am Vormittag im fünften Wahlgang die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte, nicht gelungen, die nötigen 217 von 221 Abgeordneten hinter sich zu versammeln. Würde es nun in der Krisensitzung abermals zu Plädoyers kommen, die Fraktion müsse nach drei Wochen des Führungsvakuums und der Lähmung des Kongresses endlich einen Kompromiss finden? Kurz nach Beginn der Sitzung drang aus der Runde heraus, dass der moderate Republikaner hingeschmissen habe. In der Pause hatten nicht nur einige Abgeordnete, die gegen den bisherigen Fraktionsgeschäftsführer gestimmt hatten, deutlich gemacht, dass es an ihrem Wahlverhalten nichts zu rütteln gebe. Auch Donald Trump hatte von Manhattan aus, wo er sich gerade wieder einmal vor Gericht verteidigen musste, interveniert. Auf seiner Plattform „Truth Social“ hatte er Emmer einen „RINO“ genannt, einen „Republican in name only“ – wie der frühere Präsident all jene Republikaner nennt, die nicht ihn als alleinigen Führer der Partei anerkennen. Das war gleichsam der Todesstoß.
Später, nach dem Rückzug des Abgeordneten aus Minnesota, zeichnete sich ab, dass sich noch am Dienstagabend abermals potentielle Kandidaten der Fraktion vorstellen sollten, wie schon zuvor am Montagabend. Als solche galten Kevin Hern, ein einflussreicher Abgeordneter aus Oklahoma, und Mike Johnson, ein aufstrebender Abgeordneter aus Louisiana. Beide waren am Morgen schon gegen Emmer angetreten. Beide unterlagen. Beide stehen rechts von Emmer.
Am Morgen schien es kurzeitig so, als hätte die Fraktion den Willen, die Lähmung des Kongresses zu überwinden. Im fünften Wahlgang hatte Emmer sich gegen Johnson durchgesetzt. Hern war schon vorher ausgeschieden. Emmer erhielt 117 Stimmen. Johnson 97. Es gab eine Enthaltung. Fünf Abgeordnete stimmten für Kandidaten, die nicht zur Wahl standen. Schnell hieß es aber, es gebe eine größere Gruppe von Abgeordneten, die entschlossen seien, bei ihrer Ablehnung zu bleiben. Emmer, der in geheimer Abstimmung gewählt worden war, plädierte dafür, fraktionsintern namentliche Abstimmungen durchzuführen, bis er die nötigen 217 Stimmen, die er im Plenum braucht, auf seiner Seite habe. In einer ersten offenen Abstimmung in der Fraktion stimmten 25 Abgeordnete gegen ihn. Die Fraktion der Republikaner hat 221 Abgeordnete, die der Demokraten 212. Emmer konnte sich also nur vier Gegenstimmen aus den eigenen Reihen erlauben.
Jordan überzeugt Mainstream-Republikaner nicht
Der 62 Jahre Abgeordnete aus dem Mittleren Westen ist ein enger Vertrauter McCarthys, für den er in den vergangenen neun Monaten versucht hatte, die Mehrheit zu sichern. Diejenigen, die ihm die Gefolgschaft verweigerten, argumentierten, es sei das falsche Signal einen derart moderaten Abgeordneten zu wählen. Emmer hatte etwa den „Respect for Marriage Act“ unterstützt, mit dem die gleichgeschlechtliche Ehe auf Bundesebene kodifiziert wurde. Einige Parteirechte und Fiskalfalken verübelten ihm zudem, im Sommer den Deal mit Präsident Joe Biden zur Anhebung der Schuldengrenze mitgetragen zu haben.
Die Republikaner hatten nach dem Sturz McCarthys zunächst ihren Mehrheitsführer Steve Scalise für die Nachfolge nominiert. Da er es nicht schaffte, die Parteirechte für sich zu gewinnen, zog er seine Kandidatur zurück, bevor es zur Abstimmung im Repräsentantenhaus kam. Danach wurde Jim Jordan, ein führender Vertreter der Parteirechten und enger Verbündeter Donald Trumps, nominiert. Er hatte zuvor gegen Scalise in einer Kampfabstimmung verloren.
Jordan ließ es zwar zur Abstimmung im Plenum kommen, konnte aber eine Gruppe von Mainstream-Republikanern nicht überzeugen, ihre Bedenken gegen ihn zu überwinden. Nach drei gescheiterten Wahlgängen kam es am vergangenen Freitag zu einer weiteren Krisensitzung der Fraktion. Die Abgeordneten entzogen Jordan in geheimer Abstimmung den Kandidatenstatus.
Quelle : faz