Gesundheitsminister Lauterbach plant eine umfassende Krankenhausreform – erfährt jedoch Widerstand von Bundesländern und Kliniken. Auf dem 46. Krankenhaustag verteidigte er sich.
Das Krankenhaus Jülich, die Bergman Deutsche Klinik in Hilden oder das St. Vincenz Krankenhaus in Paderborn: nur drei Beispiele von Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen, die dieses Jahr einen Insolvenzantrag gestellt haben.
Die Krankenhausgesellschaft (KGNW) hat längst die “Alarmstufe rot” ausgerufen und lässt auf ihrer Homepage die Defizit-Uhr ticken: jede Stunde kämen in Nordrhein-Westfalen 194.408 Euro hinzu. Bereits neun Krankenhäuser hätten in diesem Jahr Insolvenz beantragt.
Zwar musste bisher nur das Krankenhaus in Linnich geschlossen werden, aber auch für weitere Standorte kann dies nicht ausgeschlossen werden.
Matthias Blum, Geschäftsführer der KGNW Nordrhein-Westfalen
Krankenhäuser müssen Kosten reduzieren
60 Prozent der deutschen Krankenhäuser könnten trotz Corona-Hilfspaket dieses Jahr noch nicht einmal die Weihnachtsgelder ohne finanzielle Unterstützung von Banken oder Trägern zahlen, warnte Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), auf dem 46. Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf.
Bei den derzeit hohen Kosten durch die Inflation und hohen Tarifabschlüsse bliebe am Ende nur noch, Leistungen einzuschränken und Personal abzubauen. “Da wird das Ganze absurd, weil wir Personal abbauen, das wir eigentlich brauchen. Das ist völlig schizophren.” Das sei die “Zeitenwende, die durch das Nicht-Handeln der Politik ausgelöst wird”.
Lauterbach: Reform wird kommen
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erschien zwar nicht persönlich beim Krankenhaustag, war aber live zugeschaltet. Bund und Länder hätten sich schon im Sommer auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das eine umfassende Krankenhausreform regeln soll, sagte er. Allerdings gibt es für das sogenannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) noch nicht einmal einen Referentenentwurf, sondern nur eine Formulierungshilfe.
Sie mahnen an, zu Recht, jetzt ist die Zeit, wo ein Gesetzentwurf kommen muss und das wird auch geschehen.
Karl Lauterbach, Gesundheitsminister (SPD)
“Entökonomisierung” der Krankenhäuser
Im Kern geht es dem Minister um grundlegende Änderungen bei der Krankenhausfinanzierung: weg vom System der Fallpauschalen, durch das die Kliniken zu stark ökonomischen Zwängen ausgesetzt seien. Er nennt das “Entökonomisierung”. Qualität statt Quantität soll die Versorgung bestimmen, Krankenhäuser sollen sich auf bestimmte Bereiche spezialisieren können und das gesamte System bürokratisch verschlankt werden.
Mit dem ebenfalls geplanten Krankenhaustransparenzgesetz sollen Struktur- und Leistungsdaten der Krankenhäuser öffentlich gemacht werden können. Patientinnen und Patienten sollen dann erkennen können, welches Krankenhaus in der Nähe welche Leistungen wie gut anbietet.
Lauterbach: Keine Gefahr von Krankenhaussterben
“Die jetzige Struktur ist so nicht wirklich lebensfähig”, erklärte Lauterbach in Düsseldorf: “Die Menschen in den Krankenhäusern müssen ihren Job auch gerne machen können, deswegen gehen die Reformen in die richtige Richtung”, so der Minister.
Die Gefahr eines flächendeckenden Krankenhaussterbens, wie von vielen in der Branche prophezeit, sieht Lauterbach aber nicht. Zudem tue der Bund sehr viel, um die Kliniken zu unterstützen. Der Minister verwies auf die Hilfen aufgrund der Energiekrise in Höhe von 3,2 Milliarden Euro, die bis Frühjahr 2024 fließen würden. Dazu kämen noch einmal 6 Milliarden Euro, mit denen hohe Pflegekosten ausgeglichen würden.
Ich mache diese Reform, um ein unsystematisches Krankenhaussterben abzuwenden.
Karl Lauterbach, Gesundheitsminister (SPD)
Laumann: kein “Gesetz gegen die Länder”
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte anschließend, er stehe “hinter jedem der 13 Punkte” aus dem Eckpunktpapier. “Ich habe ein hohes Interesse, dass wir da in Berlin etwas Gescheites hinkriegen.” Das Gesetz dürfe allerdings kein “Gesetz gegen die Länder werden, sondern eines mit den Ländern” und es müsse gemeinsam erarbeitet werden. Da sei “noch Luft nach oben”. Die Bundesländer würden bei der Krankenhausplanung keine Macht abgeben, “ansonsten wird es am Ende des Tages auch keine Reform geben”, drohte Laumann.
Gegen das Krankenhaustransparenzgesetz kündigte er Widerstand an. Es sei “ärgerlich” und “nicht hilfreich für das, was wir in den Ländern vorhaben.” Das Gesetz sei mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat zu stoppen. “Ob wir die am Ende kriegen: an NRW wird es nicht scheitern.”
Gesetz wohl nicht ab Januar 2024
Karl Lauterbach, so viel wurde gleich zu Beginn des Krankenhaustages klar, wird also noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um die Bundesländer auf seine Seite zu bekommen. Am 23. November will er sich in Berlin mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern treffen “wo wir über wichtige Punkte diskutieren werden”. Ob das Gesetz aber, wie ursprünglich geplant, am 1. Januar 2024 in Kraft treten kann, ist inzwischen mehr als unwahrscheinlich.
Quelle : zdf